Vorab möchte ich mich gerne bei der Lesejury und dem Autor Paul Buderath bedanken. So konnte ich Teil der Leserunde zu „Der Künstler“ sein. Eines kann ich bereits vorwegnehmen: Für mich war das ein sehr guter und hochspannender Thriller, den ich ebenso wie „Verity“ in diesem Monat an einem Tag verschlungen habe.
Zum Inhalt von „Der Künstler“:
Als der Essener Kommissar Alex Michelsen an einem grauen Novembermorgen in eine heruntergekommene Wohnung am Stadtrand gerufen wird, erwartet ihn ein schreckliches Bild: Mitten im Wohnzimmer liegen zwei abgeschlagene Köpfe – vom Rest der Leichen keine Spur. Als kurz darauf eine weitere furchtbar zugerichtete Tote auftaucht, wird klar, dass ein Serienmörder in Essen sein Unwesen treibt. Aber nach welchen Kriterien sucht er seine Opfer aus? Die Ermittler tappen im Dunkeln, bis die junge Polizeipraktikantin Laura einen Blick auf die Tatortfotos erhaschen kann und eine entscheidende Entdeckung macht: Offenbar ist der Mörder ein Kunstliebhaber, der mit seinen Opfern berühmte Gemälde nachstellt. Doch schon bald gerät Laura selbst ins Visier des Killers …
Michelsen und Laura
„Wie konnte jemand, der angetreten war, um die Welt vor Übeltätern zu schützen, selbst so ein derartiges Arschloch sein?“
Ich muss zugeben, dass ich mich das genau wie Laura während des Buches auch ständig gefragt habe. Wieso benimmt Kommissar Alexander Michelsen sich so? Im Laufe des Buches wird teilweise klar, wieso er sich so verhält, wie er sich eben verhält. Dennoch: Bis zum Ende bleibt Michelsen mir unsymphatisch. Ich denke auch, dass das ein Kniff des Autors ist, damit der Leser sich stärker mit Laura identifizieren kann. Die Polizeipraktikantin liefert nämlich den entscheidenden Hinweis: „Der Künstler“ ermordert seine Opfer nach Vorlage bekannter Gemälde. Durch die zunehmende Symphatie, die ich während des Lesens gegenüber Laura aufgebaut habe, war das Finale für mich besonders spannend. An einigen Stellen war mir Laura für ihre 23 Jahre dennoch ein wenig zu naiv. Es ist natürlich verständlich, dass der Blick auf die Tartortfotos nicht spurlos an ihr vorbeigeht. Trotzdem war sie mir zu nah am Wasser gebaut und wirkte im Gegensatz zu dem als sehr maskulin beschriebenen Michelsen sehr kindlich. Vielleicht auch ein Zeichen des Autors für die Missbilligung der sexuelle Anziehung, die Michelsen gegenüber Laura verspürt?
Kurze Kapitel und szenischer Schreibstil
Ich bin ein großer Freund kurzer Kapitel. Die Kapitel in „Der Künstler“ waren teilweise nur 3 – 4 Seiten lang. Dadurch bin ich nur so durch die Seiten geflogen. Kurze Kapitel animieren mich zum Weiterlesen. „Ach, das eine Kapitel schaffst du noch.“ – Und dann ist das Buch schon ausgelesen. Zum Weiterlesen hat mich auch der Schreibstil von Buderath verleitet. Schon bei der Leseprobe hat mir die starke szenische Erzählweise sehr gut gefallen. Während des Lesens konnte ein Film vor meinem inneren Auge entstehen.
Ich habe seinen Schreibstil auch auf die Probe gestellt. Erst nach der detaillierten Beschreibung der Gemälde und nachdem ich in meinem Kopf das Gemälde gezeichnet hatte, habe ich die Bilder per Google gesucht. Das hätte ich mir eigentlich sparen können, denn die Bilder in meinem Kopf entsprachen sehr stark den Originalen.
Nervenkitzel
Ein guter Thriller muss für mich vor allem eins haben: Nervenkitzelmomente. Und die hatte „Der Künstler“ zur Genüge. Spannung war stets gegeben. Besonders die Idee, ein Mörder, der Gemälde mit echten Opfern darstellt, fand ich sehr originell. Damit hat mir das Buch zusätzlich einen Mehrwert gegeben: die Vermittlung von kunstgeschichtlichem Wissen. Obwohl ich mich für Kunst ein Stück weit interessiere, war mir keines dieser Gemälde bekannt.
Ich würde gerne noch mehr über Michelsen und Laura lesen. Vielleicht beginnt Laura ihre Ausbildung bei der Polizei oder sie hat gemerkt, dass das doch eine Nummer zu groß für sie ist? Sollte es eine Fortsetzung bzw. einen neuen Fall mit Michelsen geben, werde ich eine der ersten Leserinnen sein. Für mich ein klarer 5-Sterne-Thriller, den ich mir sogar vorstellen könnte, ein zweites Mal zur Hand zu nehmen.
[Rezensionsexemplar]